Penishülsen

Die Len­den­schnur “bedeckt” ja nun nicht wirk­lich, und trotz­dem reich­te sie in vie­len Gesell­schaf­ten als Beklei­dung aus. In meh­re­ren indi­ge­nen Kul­tu­ren hat sich ein aus­ge­fal­le­nes Klei­dungs­stück für Män­ner ent­wi­ckelt. Bei dem Stamm in dem Dorf Yakel auf der Insel Tan­na (Vanua­tu) haben wir schon die aus Bast gefloch­te­ne Nam­ba ken­ne­gelernt. Der­sel­be Name dient auch als Bezeich­nung für die weni­ger auf­wän­dig gefer­tig­ten Kon­struk­te aus Len­den­schnur und Penis­hül­le eines Stam­mes von der Pfingst-Insel, die eben­falls zu Vanua­tu gehört.

1/12 Dorfbewohner auf der Pfingst-Insel (Vanuatu). Photo: David Stanley, durch wikimedia commons1/12 Dorf­be­woh­ner auf der Pfingst-Insel

Kote­ka ist der Name einer Penis­hül­le, die aus Kür­bisscha­len gefer­tigt wird und zu fest­li­chen Riten in West Papua und Papua Neu Gui­nea getra­gen wird.

5/12 Koteka, Penishülle gefertigt aus Kürbis (Vanuatu). Photo: Crisco 1492, durch wikimedia commons5/12 Kote­ka, gefer­tigt aus Kür­bis

Penis­hül­len sind in ver­schie­de­nen Varia­tio­nen bei indi­ge­nen Völ­kern in Papua Neu­gui­nea, im Ama­zo­nas­ge­biet, in West­afri­ka sowie in Aus­tra­li­en, Neu­see­land und Ozea­ni­en üblich gewe­sen. Es han­delt sich daher trotz der Ähn­lich­keit offen­bar um völ­lig iso­lier­te Par­al­lel­ent­wick­lun­gen.

Eth­no­lo­gen zufol­ge dient die Penis­hül­le vor allem dazu, die Eichel zu bede­cken, denn eine frei­lie­gen­de Eichel gilt dem­nach bei die­sen Völ­kern als extrem scham­ver­let­zend und darf von nie­mand ande­rem gese­hen wer­den, auch nicht von ande­ren Män­nern. Des­halb legen die Män­ner ihre Penis­hül­se auch aus­schließ­lich zum Uri­nie­ren und zum Baden ab und gehen zum Uri­nie­ren in die Hocke, damit nie­man­des Blick auf die Eichel fällt.

Die Penis­hül­se wird vie­ler­orts auch nachts getra­gen, wes­halb die Män­ner aus­schließ­lich auf dem Rücken schla­fen. Geht man zum Baden ins Was­ser, wird die Eichel sorg­fäl­tig mit der Hand ver­deckt, und auch das nach­fol­gen­de Abtrock­nen erfolgt nur mit einer Hand — die ande­re wird zum Bede­cken benö­tigt.

Das schein­ba­re Offen­tra­gen des Penis in nach oben gerich­te­ter Stel­lung und die freie Sicht­bar­keit des Hoden­sacks gehen also mit einer extrem stark aus­ge­präg­ten Eichel­scham ein­her — für Euro­pä­er ein eher unver­ständ­li­ches Phä­no­men. So hat­ten denn die Ent­de­cker um James Cook, die in der Süd­see erst­ma­lig auf meh­re­re Völ­ker stie­ßen, in denen Penis­hül­sen getra­gen wur­den, die für lan­ge Zeit all­ge­mein ver­tre­te­ne, aber grund­fal­sche Ver­mu­tung auf­ge­stellt, das Tra­gen der Penis­hül­se sol­le das männ­li­che Sexu­al­or­gan beson­ders zur Gel­tung brin­gen und die Auf­merk­sam­keit dar­auf len­ken.

8/12 Kynodesme, ein Faden zum Vorhaut-Verschluss wurde - falls nötig - von Athleten im antiken Griechenland getragen. Public domain8/12 Ath­let mit Kyn­odes­me

Eichel­scham präg­te übri­gens auch die Män­ner im klas­si­schen Grie­chen­land: Man war zwar beim Sport und Trai­ning nackt, war aber um eine mög­lichst bede­cken­de Vor­haut bemüht. Zu einem gro­ßen Skan­dal kam es, als zum ers­ten Mal Juden an den Olym­pi­schen Spie­len teil­neh­men woll­ten — Juden waren ja tra­di­tio­nell beschnit­ten, so dass die Eichel voll­stän­dig sicht­bar war, was dem Scham­ge­fühl der Grie­chen abso­lut wider­sprach. Die Juden durf­ten an den Wett­kämp­fen nicht teil­neh­men. Teil­wei­se ver­such­ten die­se, durch Rück-Ope­ra­tio­nen wie­der so etwas wie eine Vor­haut her­zu­stel­len. Quel­le: Hans Peter Duerr, Der Mythos vom Zivi­li­sa­ti­ons­pro­zess, Nackt­heit und Scham

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