Rom bis Mittelalter

Nackt­heit wur­de auch im alten Rom bereits als straf­ver­schär­fen­de Maß­nah­me gegen­über Straf­tä­tern ein­ge­setzt. Neben nack­ten Kreu­zi­gun­gen ist auch der Tod des hei­li­gen Lau­ren­ti­us über­lie­fert: Er wur­de am 10. August 258 nackt auf ein Gerüst gelegt und bei leben­di­gem Lei­be über dem Feu­er zu Tode gegrillt. Er hat­te sich gewei­gert, dem römi­schen Kai­ser Vale­ri­an den Schatz der Kir­che aus­zu­lie­fern, und die­sen statt­des­sen an die Armen und Kran­ken ver­teilt — so wie es ihm der zuvor hin­ge­rich­te­te Papst Six­tus auf­ge­tra­gen hat­te.

Martyrium des hl. Laurentius: Nackt über dem offenen Feuer, Public Domain. (1|8)St. Lau­ren­ti­us nackt über dem offe­nen Feu­er (1|8)

Aus dem Römi­schen Reich sind uns die — zu Beginn nach Geschlech­tern getrenn­ten — Bade­häu­ser über­lie­fert, in denen aber nur zum Teil nack­te Bade­kul­tur prak­ti­ziert wur­de. Mit dem Unter­gang des Römi­schen Rei­ches ver­schwand auch die Bade­kul­tur, und erst ein hal­bes Jahr­tau­send spä­ter brach­ten die heim­keh­ren­den Kreuz­rit­ter die Pra­xis der Bade­häu­ser aus dem öst­li­chen Mit­tel­meer­raum wie­der nach Mit­tel­eu­ro­pa zurück. Mit den Bade­häu­sern ent­wi­ckel­te sich der neue Berufs­stand der ⬈ »Bader«.

Im mittelalterlichen Badehaus ist viel Betrieb. Es wird nicht nur gebadet, gespeist und getrunken sondern auch berührt - typisch eher für die Spätzeit der Badehäuser. Public Domain. (3|8) Im mit­tel­al­ter­li­chen Bade­haus ist viel Betrieb. Es wird nicht nur geba­det, gespeist und getrun­ken son­dern auch berührt — typisch eher für die Spät­zeit der Bade­häu­ser. Public Domain. (3|8)

Wenn heu­te ein Gast nach einer etwas län­ge­ren Anrei­se ein­trifft, dann bie­tet man ihm an, sich die Hän­de zu waschen, etwas zu trin­ken zu rei­chen oder ggf. zu essen. Dies hat eine uralte Tra­di­ti­on. Zu Zei­ten, als die Wege noch unbe­fes­tigt und stau­big waren, als man zu Fuß oder zu Pferd reis­te, bes­ten­falls in einer Kut­sche, da dau­er­ten Rei­sen oft lan­ge, Tage oder Wochen, und man kam immer stau­big und ver­schwitzt am Ziel an.

Von der Anti­ke bis zur Neu­zeit bot man daher dem ein­tref­fen­den Gast zu aller­erst — noch vor einer Stär­kung — ein Bad an, was der Rei­sen­de in aller Regel auch dan­kend gern annahm. Der Kes­sel mit hei­ßem Was­ser stand sowie­so auf dem Herd, es wur­de in den Bade­zu­ber gegos­sen, mit kal­tem Was­ser tem­pe­riert, viel­leicht sogar noch mit ein paar Duft­no­ten auf­ge­bes­sert.

Sodann konn­te sich der Gast ent­klei­den und in die wohl­tu­en­den Flu­ten stei­gen. Nackt­scham beim Bade gab es nicht. Man war seit Jahr­hun­der­ten, viel­leicht Jahr­tau­sen­den dar­an gewöhnt, in Gegen­wart ande­rer Men­schen zu baden — besa­ßen doch die meis­ten Häu­ser nur einen kom­bi­nier­ten Wohn-Schlaf­raum mit Koch­ecke, und natür­lich fand auch das Bad in die­sem (ein­zi­gen) Rau­me statt.

Bad im Holzzuber - Man wird bekränzt, Kräuter und Blumen aromatisieren das Badewasser, ein Kelch mit Getränk wird gereicht, bei Bedarf warmes Wasser nachgegossen - Verwöhnung als Willkommensgruß. Public Domain (4|8)Bad im Holz­zu­ber — Man wird bekränzt, Kräu­ter und Blu­men aro­ma­ti­sie­ren das Bade­was­ser, ein Kelch mit Getränk wird gereicht, bei Bedarf war­mes Was­ser nach­ge­gos­sen — Ver­wöh­nung als Will­kom­mens­gruß. (4|8)

An den Pranger gestellt wurden im Mittelalter kleinere Straftäter wie Diebe. Public Domain (5|8)Pran­ger in Wang. Hier wur­den Straf­tä­ter »ange­pran­gert«. Die Bevöl­ke­rung hat­te dann ein oder zwei Stun­den lang die Mög­lich­keit, sie zu schmä­hen und zu ver­spot­ten. (5|8)

Von »nackt« wur­de im Mit­tel­al­ter auch schon dann gespro­chen, wenn die Men­schen nur noch ein Hemd oder etwa eine Scham­bin­de tru­gen. Das gilt auch für die gän­gi­gen Stra­fen, »nackt an den Pran­ger gestellt« oder »nackt durch die Stadt getrie­ben« zu wer­den — auch hier ver­blieb den Bestraf­ten meist noch ein (Unter-) Hemd am Leib. Wir ken­nen heu­te noch die Stei­ge­run­gen »nackt und bloß« (die ins­be­son­de­re die Blö­ße der Geni­ta­li­en ein­schließt) oder »split­ter­nackt« (was das Feh­len jeg­li­cher Bede­ckung meint).

Eines der fins­ters­ten Kapi­tel in der Geschich­te Euro­pas ist die Zeit der Hexen­ver­fol­gung. »Immer fes­ter wur­zel­te der Glau­be an Bünd­nis­se mit dem Bösen, aber erst die Inqui­si­to­ren des 13. Jahrh. wuss­ten die­sen den armen Hexen zu ver­mäh­len und erbau­ten eine förm­li­che Teu­fels­leh­re. Den ers­ten Hexen, wie es heißt 1230–1240 in Trier, wur­de vor­ge­wor­fen, sich in Krö­ten ver­wan­delt zu haben…«, weiß die Brock­haus-Enzy­klo­pä­die. Ab 1275 ist gesi­chert über­lie­fert, dass die Bestra­fung der Hexen meist durch Ver­bren­nung erfolg­te. Viel­fach wur­den dazu die »Hexen« nackt auf den Schei­ter­hau­fen gefes­selt.

Hexenverbrennung, Fedor Encke, Public Domain (6|8)Hexen­ver­bren­nun­gen erfolg­ten oft­mals nackt (6|8)

Über die Ver­hö­re weiß die Brock­haus-Enzy­klo­pä­die zu berich­ten, dass zunächst den Ver­däch­ti­gen nur vor­ab mit dras­ti­schen Wor­ten aus­ge­malt wur­de, wel­che Schmer­zen sie zu erlei­den haben wür­den, wenn sie nicht geste­hen (Ver­bal­ter­ri­ti­on). Falls das nichts fruch­te­te, folg­te die Real­ter­ri­ti­on: »Bei der Real­ter­ri­ti­on wur­de der/die Ver­däch­ti­ge ent­klei­det, ihm auch die Werk­zeu­ge wirk­lich ange­legt, doch kein Schmerz damit zuge­fügt.« Erst wenn auch die­se Demons­tra­ti­on nicht zu dem gewünsch­ten Ziel eines Geständ­nis­ses führ­te, »wur­de die Fol­ter des Mor­gens sehr früh in einem ent­le­ge­nen Gemach vor­ge­nom­men und eine Stun­de lang fort­ge­setzt…«

Während eines Inquisitions-Verhörs wird eine angebliche »Hexe« entkleidet. Der am Boden knieende Folterknecht hat bereits Zange und andere Folter-Utensilien bereit gelegt. Public Domain (7|8)Ent­klei­dung einer »Hexe« wäh­rend des Ver­hörs durch Inqui­si­to­ren (7|8)

Tho­ma­si­us und Vol­taire waren pro­mi­nen­te Wort­füh­rer, die die Unzu­ver­läs­sig­keit erpress­ter Aus­sa­gen und die dar­aus fol­gen­de Nutz­lo­sig­keit von Fol­ter anpran­ger­ten. Die Fol­ter wur­de in Frank­reich mit der Revo­lu­ti­on 1789 abge­schafft, in Preu­ßen schon 1740 durch Fried­rich den Gro­ßen, in Han­no­ver erst 1822, in Coburg-Gotha 1828.