Indigene heute

Yawalapiti in Brasilien

Der ers­te Kon­takt der Yawala­pi­ti mit Nicht­in­di­ge­nen fand im Jahr 1887 statt, als der deut­sche Eth­no­lo­ge Karl von den Stei­nen bei einer Expe­di­ti­on auf die Bevöl­ke­rungs­grup­pe traf. In sei­nen Büchern schil­dert er den klei­nen Stamm als sehr arm. Durch Kämp­fe mit ande­ren Stäm­men und einen Masern-Aus­bruch gerie­ten die Yawala­pi­ti Mit­te des 20. Jahr­hun­derts in eine exis­ten­ti­el­le Kri­se, haben sich aber in meh­re­ren neu­en Dör­fern inzwi­schen zu einer Stam­mes­ge­sell­schaft von ca. 240 Per­so­nen erholt.

Der Stamm der Yawala­pi­ti lebt bis heu­te am Xin­gu, einem Neben­fluss des Ama­zo­nas. Ein­mal im Jahr fei­ern sie ein Fest zu Ehren der Ver­stor­be­nen, zu des­sen Vor­be­rei­tung die Jun­gen bis 10 Jah­ren mit Pfeil und Bogen Fische erle­gen. Ihre Klei­dung ist bis heu­te eine Len­den­schnur, die aller­dings seit­lich und hin­ten gür­tel­ar­tig ver­brei­tert ist und an deren Vor­der­sei­te ein sehr spär­li­cher, eher sym­bo­li­scher Schurz aus ein paar Tex­til­fa­sern befes­tigt ist.

1/24 Yawalapiti-Jungen jagen Fische mit Pfeil und Bogen. Quelle: Usenet1/24 Yawala­pi­ti-Jun­gen jagen Fische mit Pfeil und Bogen

Der Kult der Yawala­pi­ti ist nur eine von 16 ver­schie­de­nen Stam­mes­kul­tu­ren der Xin­gu-India­ner. Die Bra­si­lia­ner Orlan­do Vil­las Bôas und sein Bru­der betrie­ben hier von 1946 bis 1973 einen Ver­wal­tungs- und Han­dels­pos­ten und tru­gen wesent­lich dazu bei, dass im Jahr 1961 am Alto Xin­gu der Par­que Indí­ge­na do Xin­gu ein­ge­rich­tet wur­de, um den ver­blie­be­nen eth­ni­schen Min­der­hei­ten einen Schutz­raum zu bie­ten.

2/24 Yawalapiti beim Fest. Autor: Innercircle. Creative Commons License2/24 Yawala­pi­ti beim Fest. Autor: Inner­cir­cle. Crea­ti­ve Com­mons-Lizenz

Lang­jäh­ri­ger Anfüh­rer war Ari­ta­na Yawala­pi­ti (1949–2020), der als Ver­tre­ter aller Xin­gu-India­ner und Umwelt­ak­ti­vist für die Rech­te der Indi­ge­nen in Bra­si­li­en kämpf­te. Er starb mit 71 Jah­ren an COVID-19.
⤷ Wei­te­re Infor­ma­tio­nen zu Yawala­pi­ti auf der Site brasilienportal.ch
⤷ Wei­te­re Infor­ma­tio­nen zu Yawala­pi­ti auf der Site socioambiental.org (Spra­che: EN)

Anna Terra Yawalapiti

3/24 Anna Terra Yawalapiti, indigene Anführerin des Xingu, fordert ein Ende der Polizeirepression. Foto: Matheus Alves. Lizenz: Creative Commons3/24 Anna Ter­ra Yawala­pi­ti

Die Orga­ni­sa­ti­on ⤷ Levan­te Popu­lar da Juventu­de wur­de mit dem Foto­preis »Kampf gegen die Rück­schlä­ge« aus­ge­zeich­net: »Bestehen und Wider­stand gegen den Ent­zug von Rech­ten«. Der Wett­be­werb wird vom Bra­si­li­en-Fonds geför­dert, um den Ein­satz der Foto­gra­fie im Kampf für die Ver­tei­di­gung der Rech­te zu unter­stüt­zen. Das Bild »The Silence of the Earth« des Foto­gra­fen Matheus Alves erhielt in einer Abstim­mung die meis­ten Nen­nun­gen. Es zeigt Anna Ter­ra Yawala­pi­ti, indi­ge­ne Anfüh­re­rin des Xin­gu, in tra­di­tio­nel­ler Kör­per­be­ma­lung und Schmuck-Klei­dung wäh­rend einer Demons­tra­ti­on auf dem Acam­pa­men­to Ter­ra Liv­re in Bra­sí­lia (DF), bei der sie ein Ende der Poli­zei­re­pres­si­on ein­for­dert.

Yawalapiti-Kinder im Plastik-Zeitalter

4/24 Yawalapiti Kinder tragen Wasser in Einweg Plastikflaschen in ihr Dorf. Quelle: Usenet4/24 Yawala­pi­ti-Kin­der in ihrem Dorf

Die natur­be­zo­ge­ne Lebens­wei­se indi­ge­ner Völ­ker, z. B. der Yawa­li­pi­ti im Xin­gu-Gebiet, galt den Natu­ris­ten lan­ge Zeit als Vor­bild für ihre eige­ne Ein­stel­lung. Inzwi­schen hat sich die­se Vor­bild-Funk­ti­on jedoch ver­lo­ren, denn die meis­ten die­ser Völ­ker hat längst die Zivi­li­sa­ti­on erreicht: Die Yawa­li­pi­ti-Kin­der im Bild rechts tra­gen neben ande­ren, indus­tri­ell ver­ar­bei­te­ten und ver­pack­ten Lebens­mit­teln Was­ser in Ein­weg-Plas­tik­fla­schen in ihr Dorf. Ob die Fla­schen über den Xin­gu Fluss im Ama­zo­nas lan­den und folg­lich anschlie­ßend im Meer? Oder sind die Yawala­pi­ti-Dör­fer an ein Recy­cling-Sys­tem ange­schlos­sen?

Yanomami in Brasilien/ Venezuela

Das indi­ge­ne Volk der Yan­om­ami (Ianomâ­mi, Yan­om­amõ, Yan­om­ama, Yano­ama, Xirianá) ist eine Gesell­schaft von Jägern und Bau­ern im tro­pi­schen Regen­wald von Ama­zo­ni­en beid­seits der bra­si­lia­nisch-vene­zo­la­ni­schen Gren­ze, im Gebiet des Zusam­men­flus­ses von Rio Orino­co und Ama­zo­nas sowie den Neben­flüs­sen rechts des Rio Bran­co und links des Rio Negro. Das Volk besteht aus einer lin­gu­is­ti­schen und kul­tu­rel­len Ver­ei­ni­gung von min­des­tens vier Unter­grup­pen, die aus der­sel­ben Sprach­fa­mi­lie stam­men, dem Yan­o­mae, Yanõ­ma­mi, Sani­ma und Ninam. Die Gesamt­be­völ­ke­rung der Yan­om­ami in Bra­si­li­en und Vene­zue­la wird heu­te auf rund 41.500 Per­so­nen geschätzt. Eini­ge Yan­om­ami haben berich­tet, dass sie unkon­tak­tier­te Yan­om­ami in ihrem Gebiet getrof­fen haben (also Grup­pen, die sich bewusst und bis heu­te erfolg­reich dem Kon­takt zu Wei­ßen ent­zie­hen).

Für die Yan­om­ami ist “urihi”, der Erden­wald, nicht nur eine ein­fa­che Ober­flä­che, bestimmt zu ihrer wirt­schaft­li­chen Nut­zung, son­dern ein leben­di­ges Wesen, in dem ein Aus­tausch zwi­schen mensch­li­chen und nicht-mensch­li­chen Wesen statt­fin­det. Er ist heu­te bedroht durch die blin­de Pro­fit­sucht der Wei­ßen, wie Häupt­ling Davi Kope­na­wa sagt: “Der Erden­wald kann nur durch die Zer­stö­rung der Wei­ßen ster­ben. Dann wer­den die Bäche ver­schwin­den, die Erde wird kalt wer­den, die Bäu­me ver­trock­nen und die Stei­ne der Gebir­ge wer­den sich vor Hit­ze spal­ten.”

Die frü­hes­ten Kon­tak­te von Yan­om­ami-Mit­glie­dern zu Wei­ßen fan­den gegen Ende des 19. Jahr­hun­derts statt. Etwa zwi­schen 1910 und 1940 waren eini­ge Stäm­me des öfte­ren Zie­le von inter­na­tio­na­len Besu­cher­grup­pen. Der Bau der Stra­ße “Peri­me­tral Nor­te” in den 1970er Jah­ren lös­te nach der Ent­de­ckung diver­ser Boden­schät­ze in dem Gebiet eine Inva­si­on von Gold­su­chern aus, die die Lebens­grund­la­gen der Yan­om­ami bis heu­te gefähr­den, obwohl ihr Lebens­raum “Ter­ra Indí­ge­na Yan­om­ami”, der in Bra­si­li­en 96.650 km² Regen­wal­des umfasst, 1992 per Prä­si­den­ten-Dekret geschützt wur­de.

Bei den Yan­om­ami Män­nern genüg­te als Klei­dung eine ein­fa­che Len­den­schnur ohne Schurz. Aller­dings wur­de der Penis mit einer Schlau­fe um die Vor­haut an die Len­den­schnur hoch­ge­bun­den. Nur in die­sem Zustand fühl­ten sich die Män­ner kor­rekt »beklei­det« — andern­falls fühl­ten sie sich zutiefst beschämt, wenn sie mit frei hän­gen­dem Penis gese­hen wur­den.

6/24 Yanomami-Männer. Quelle: Usenet6/24 Yan­om­ami-Män­ner. Quel­le: Use­net

Das Bild ist his­to­risch. Da die Yan­om­ami seit vie­len Jahr­zehn­ten von Mis­sio­na­ren, Land­räu­bern und Umwelt­zer­stö­rern ter­ro­ri­siert und aus­ge­beu­tet wer­den, tra­gen sie heu­te oft­mals Shorts bzw. Röcke.

Wei­te­re Infor­ma­tio­nen zu Yan­om­ami auf der Site brasilienportal.ch
Wei­te­re Infor­ma­tio­nen zu Yan­om­ami auf der Site survivalinternational.de
Wei­te­re Infor­ma­tio­nen zu Yan­om­ami auf der Site socioambiental.org (Spra­che: EN)

Indigene in der Südsee: Tanna (Vanuatu)

In der Süd­see lebt auf der Insel Tan­na (zu Vanua­tu, Neue Hebri­den) heu­te noch ein Volk sei­nen tra­di­tio­nel­len Kult, in dem das Leben der Men­schen in Ein­heit und Har­mo­nie mit der Natur eine zen­tra­le Rol­le spielt. Hier tra­gen die Män­ner die »Nam­ba«, eine aus Bast gefloch­te­ne Penis­hül­le. Das Volu­men die­ses Kon­strukts ist auf­grund der vie­len gewi­ckel­ten Bast­schich­ten bei eini­gen Exem­pla­ren recht groß, so dass auch hier euro­päi­sche Ent­de­cker die gewoll­te Beto­nung des Penis als Hin­ter­grund ver­mu­te­ten, so wie es im aus­ge­hen­den Mit­tel­al­ter in Euro­pa mit der Ein­ar­bei­tung einer vor­sprin­gen­den Penis­kap­sel in die Hosen gehal­ten wur­de. Aber das ist irrig! Die Men­schen tra­gen ihre Bede­ckung auf­grund von Geni­tal­scham.

7/24 Junge mit »Namba«. Die Basthülle trägt ziemlich stark auf. Quelle: Usenet7/24 Jun­ge mit »Nam­ba«.

Die zum Büschel gebun­de­nen, lan­gen Bast­fä­den hän­gen bis zu den Knien zwi­schen den Bei­nen hin­ab und bede­cken so den Hoden­sack. Gehal­ten wird das Gan­ze nur von einer Len­den­schnur — eine erstaun­lich sta­bil sit­zen­de Kon­struk­ti­on, die aller­dings nicht ganz leicht anzu­zie­hen ist, wie uns ein 14-jäh­ri­ger Fran­zo­se berich­tet, der die Nam­ba aus­pro­bie­ren und eini­ge Tage mit dem Stamm zusam­men leben durf­te. Er muss­te sich beim Anzie­hen hel­fen las­sen (Bild 15).

15/24 Ein 14-jähriger Junge aus Frankreich probiert die »Namba« aus. Beim Anziehen hilft ein Einheimischer - das ist gar nicht so einfach. »Das muss man lernen wie Schleifebinden beim Schuhanziehen!« Quelle: Usenet15/24 Hil­fe beim Anzie­hen einer »Nam­ba«

Der Grund für die Män­ner auf Tan­na, die Nam­ba zu tra­gen, ist eine Geni­tal­scham, die ja in fast allen Kul­tu­ren der Erde vor­han­den ist. Hier scheint sie eine beson­de­re Aus­prä­gung zu haben: Nach dem gemein­sa­men, nack­ten Bad im Fluss hält sich der Ein­hei­mi­sche bei der Dusche im Was­ser­fall krampf­haft die Hän­de vors Geschlecht, obwohl die Grup­pe im Wald nur aus Män­nern besteht und der Was­ser­fall ohne­hin schon ein wirk­sa­mes Unschär­fe-Fil­ter vor­schal­tet.

16/24 Junge Männer im Walde. Jagdwaffe ist Pfeil und Bogen. Quelle: Usenet16/24 Ein­hei­mi­sche jun­ge Män­ner

Die Panflöte ist für den jungen Franzosen ein neues Instrument. Quelle: Usenet18/24 Ein Inter­na­tio­na­les Flö­ten-Ensem­ble

Die Jungs aus Frank­reich besuch­ten die frisch beschnit­te­nen Jungs des Stam­mes im Baum­haus, wo sie so lan­ge aus­har­ren, bis die Wun­den der Beschnei­dung ver­heilt sind (Bild 20–21). Mäd­chen und Frau­en tra­gen einen Bast­rock.

20/24 Die Jungs aus Frankreich besuchten die frisch beschnittenen Jungs des Stammes im Baumhaus, wo sie so lange ausharren, bis die Wunden der Beschneidung verheilt sind. Quelle: Usenet20/24 Besuch im Baum­haus